Es ist Sommer. Sommerzeit – Ferienzeit. Doch trotz Urlaub will es mir nicht so recht gelingen auszuspannen, einfach mal nichts zu tun. Zuviel schwirrt mir noch durch den Kopf, unerledigte Schreibtischarbeit ruft nach mir, im Haushalt wäre auch noch so manches zu tun, auch der Garten wünscht meine Aufmerksamkeit, schon länger nicht gesehene Freunde wollte ich ja auch noch treffen, das ein oder andere Buch noch lesen, und dann sind da auch noch diese undefinierbaren Gefühle in mir, mein Sehnen, mein Hin und Her zwischen Illusion und Wirklichkeit. Ein „ viel Zu-viel“ hält mich gefangen. Und ich merke wie mein Freiraum immer enger wird und ich selbst im Sumpf von (selbst kreierten) Verpflichtungen, Erwartungen und Wünschen immer mehr versinke.
Ich beschließe beim Aufwachen: Heute mache ich eine Pause.
Die ersten Sonnenstrahlen streifen mein Gesicht, ich steige aus dem Bett und stelle meine Füße auf den Boden. Bewusst nehme ich den Grund unter mir, den Kontakt zum Boden wahr. Mit den Füßen auf dem Boden angekommen, spüre ich meinen Körper, nehme alles wahr, was sich in mir zeigt. „Ich mit Mir“. Heute schaffe ich mir Raum. Einen Raum, wo ich gut da sein kann – im Angesicht all dessen, was da ist an Aufgaben, Unangenehmem und Sorgenvollem.
Das ist auch eine Erfahrung der Psalmbetenden: „Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde … und schenkst mir voll ein.“ (Psalm 23, 5) Gott schafft uns in seiner Schöpfung freien Raum zum Leben – in Anwesenheit „unserer Feinde“, also trotz allem, was an Last auf uns liegt. Und obwohl die Probleme noch da sind, ist es erstaunlicherweise möglich, dass sich das Ich wieder lebendig, sogar hoffnungsvoll anfühlt. Die Urerfahrung, die Menschen mit Gott machen, ist wie er ins Weite führt. „Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ (Psalm 31, 9) oder „Du gibst meinen Schritten weiten Raum, dass meine Knöchel nicht wanken.“ (Psalm 18, 37) oder „Er führt mich hinaus ins Weite. Er riss mich heraus, denn er hatte Lust zu mir.“ (Psalm 18, 20) Gott wird von alters her mit Erweiterung und Befreiung erfahren. Da wird etwas weit, da komme ich zum Stehen. Freiraum tut sich auf, wo das Leben bedrängt ist im Innern und im Äußern. „Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit.“ (2.Korinther 3, 17) Der Exodus, die Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei in Ägypten, ist grundlegendes Geschehen für die biblische Gotteserfahrung. Das hebräische Wort für Ägypten, „ Mizraim“, bedeutet „enges Land“. Wir sind je neu gerufen, uns aus der Enge, aus den vielfältigen „Ägyptenlanden“ des Lebens herausführen zu lassen. Sind wir bereit dafür? Sind wir bereit aufzubrechen? Bei Gott ist Raum. „Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen.“ (Exodus 33, 21) Es geschieht eine neue Ausrichtung. Wohin sehe ich? Was habe ich vor Augen?
Ich will mich immer wieder neu rufen lassen, aus den mannigfachen engen Landen meines Lebens auszuziehen, mir eine Pause zu gönnen – „Ich in mir“. Mich neu auszurichten für den Weg von der „Freiheit von“ hin zur „Freiheit für“.